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Identitätsentwicklung

Version vom 22. August 2020, 19:09 Uhr von Johannes (Diskussion | Beiträge)
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Identitätsentwicklung: Wer bin ich und warum?

Rover*innen werden tagtäglich durch ihre Freundinnen und Freunde, Lehrer*innen, Familienmitglieder und andere Menschen beeinflusst. Sie befinden sich mit 15 bis 20 Jahren in der Entwicklung vom Teenager zum jungen Erwachsenen. Ein Ziel der DPSG ist es, jungen Menschen die Chance zu geben, unter Gleichaltrigen ihre eigene Persönlichkeit zu entdecken und zu entwickeln. Das geschieht durch prägende Erlebnisse in der Gruppe und die Begleitung durch Leiter*innen.

Die Entwicklung der eigenen Persönlichkeit ist eng verknüpft mit der Entwicklung der individuellen Identität. Identität bezeichnet dabei zum einen die Kombination aus Daten, durch die sich eine Person von anderen unterscheidet (Name, Alter, Geschlecht, ...). Zum anderen bezeichnet Identität aber auch die „einzigartige Persönlichkeitsstruktur“. Diese wird verbunden mit der Fremdwahrnehmung durch andere Personen und dem Verständnis davon, was man selbst ist und was man sein möchte. „Identitätsbildung beschreibt also, dass sich ein Mensch seines Charakters bzw. seiner Position in der Welt bewusst wird.“[1]

Insbesondere die Roverzeit fällt in die Phase, die wesentlich geprägt ist durch die Identitätsentwicklung, wie es der Psychoanalytiker Erik H. Erikson in seinem Stufenmodell beschreibt. Nach Erikson entwickeln Jugendliche ihre Identität durch die kritische Auseinandersetzung mit verschiedenen Rollen, Wertorientierungen und vor allem mit der Frage nach dem eigenen Selbstbild. Durch das Ausprobieren, die Reflexion und die Modifikation von Rollen und Werten gelingt die Entwicklung einer stabilen Erwachsenenidentität.

Bedeutung im Pfadfinderalltag: Wie geht das konkret?

Das ideale Hilfsmittel zum Ausprobieren, Reflektieren und Lernen in der Roverrunde ist die Projektmethode.

Die Identität des Einzelnen und der Gruppe wird durch gemeinsame Erlebnisse geformt. Roverleiter*innen bilden durch ihre Projektbegleitung einen geschützten Rahmen, innerhalb dessen die Rover*innen die Möglichkeit bekommen, sich selbst in der Gruppe einzubringen. Die Leiter*innen sollten dabei helfen, dass Rover*innen Projekterfolge erleben und auch aus gescheiterten Projekten einen Lerneffekt ziehen.

Das geschieht durch

  • die gezielte Übernahme von Verantwortung für sich selbst, für die Gruppe, aber auch für andere,
  • die Auseinandersetzung mit Themen außerhalb des eigenen Alltags und
  • die Begegnung mit inspirierenden Menschen und Situationen

In der Umsetzung ist das aktive Auseinandersetzen mit dem Selbst- und Fremdbild gefordert. Das wiederum unterstützt die Identitätsentwicklung.

Leitung einer Runde

Roverleiter*innen sollten erkennen, dass es neben der Entwicklung einer Gruppenidentität auch die Entwicklung der persönlichen Identität der einzelnen Rover*innen einen Teil ihrer Arbeit mit der Runde darstellt. Roverleiter*innen können Rover*innen durch ihr eigenes Verhalten bei der Identitätsentwicklung unterstützen. Sie können beispielsweise von sich selbst erzählen und schaffen dadurch eine vertraute und offene Umgebung.

Ein Mindestalter von 22 Jahren für Roverleiter*innen sorgt dafür, dass Leiter*innen in ihrer eigenen Identität gefestigter sind. Das Leitungsteam der Roverstufe soll aus einer Leiterin und einem Leiter bestehen. Die unterschiedlichen Perspektiven von unterschiedlichen Geschlechtern im Leitungsteam können Rover*innen bei der Auseinandersetzung mit der eigenen Geschlechtsidentität unterstützen. Leiter*innen sollten ein hohes Maß an Motivation mitbringen, und es ist ebenso wichtig, dass sie pfadfinderisch gut ausgebildet sind (vgl. Ausbildung in der Roverstufe). In der Ausbildung werden Leiter*innen Fach- und Methodenkompetenzen vermittelt, aber auch Möglichkeiten zur Weiterentwicklung der sozialen Kompetenzen, die auch die eigene Persönlichkeitsentwicklung einschließt, angeboten.

Zeit nehmen

Der Alltag ist für Rover*innen meist hektisch, und der Druck, gute Leistungen zu erbringen, ist hoch. Gruppenstunden sollten daher bewusst so gestaltet sein, dass die Rover*innen Zeit für sich und die Auseinandersetzung mit den anstehenden Themen haben. Beispielsweise kann man ein gemeinsames Wochenende planen, um dort Projekte zu entwerfen, durchzuführen und zu reflektieren. Dazu gehört auch, Zeit zum Chillen, Entspannen oder Schweigen einzubauen. Das kann mitunter mehr Kreativität auslösen als eine verzweifelte Kreativmethode.

Entscheidungen treffen

Um etwas zu erleben, müssen Entscheidungen getroffen werden. Das fällt mitunter schwer und kann teilweise auch zu gruppendynamischen Problemen führen. Leiter*innen haben die Aufgabe, Entscheidungsprozesse zu begleiten und ggf. zu strukturieren. Es ist nicht die Aufgabe der Leitung, der Gruppe Entscheidungen für oder gegen Themen oder Projekte abzunehmen (außer in gefährlichen Situationen)!

Um gute Entscheidungen treffen zu können, ist es hilfreich, dass alle Vor- und Nachteile abgewogen werden. Durch eine Visualisierung beispielsweise können diese transparent gemacht werden. Rover*innen sollten animiert werden, selbst Entscheidungen zu treffen, um zum Handeln zu gelangen. Diese Entscheidungen und die Auswirkungen auf den weiteren Projektverlauf sollten anschließend reflektiert werden.

Verschiedene Rollen ausprobieren

In jeder Gruppe bilden sich unterschiedliche Rollen aus. Leiter*innen sollten darauf achten, dass Rollen flexibel bleiben und alle die Möglichkeit haben, sich selbst in unterschiedlichen Rollen auszuprobieren. Die Leitung unterstützt die Rover*innen darin, eingefahrene Muster aufzudecken und die Karten neu zu mischen. Daher gehört auch zu ihrer Aufgabe, genau zu beobachten, wer welche Rolle innehat. Beispiele für verschiedene Rollen innerhalb der Runde sind: die/der Anführer*in, die/der Mitläufer*in oder die/der Rundenclown*in. Über kleine Impulse kann man eine Änderung in der Rollenverteilung bewirken oder das Thema bewusst offen diskutieren. Rollenspiele oder erlebnispädagogische Übungen und deren Reflexion können die Rover*innen dazu anregen, bewusst andere Rollen auszuprobieren.

Scheitern als Chance

Um zu wissen, was man nicht möchte oder kann, muss man auch scheitern dürfen. In unserer Leistungsgesellschaft fällt es vielen schwer, scheitern als Chance zu begreifen. Die DPSG bietet einen geschützten Rahmen, der positive und negative Erfahrungen zulässt. Leiter*innen haben die Aufgabe, Rover*innen Mut zu machen, Projekte ergebnisoffen anzugehen, den Ausgang zu reflektieren und daraus für zukünftige Projekte zu lernen.

Einzelnachweise

  1. Identitätsfindung im Jugendalter, [werner stangl]s arbeitsblätter, Werner Stangl, abgerufen am 22.08.2020, Link zum Onlinedokument

Autor*innen

Christoph Rechsteiner, Jonas Limbrock

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