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Leitungsstile

Wie rede ich mit meinen Rovern? Welche Arten von Leitungsstile es gibt und welcher zu empfehlen ist.

Der Psychologe Kurt Lewin (1890 – 1974) hat unterschiedliches Erziehungsverhalten in drei Erziehungsstilen zusammengefasst. So wurde es möglich, unterschiedliche Stile und ihre Auswirkungen miteinander zu vergleichen. Er beschrieb

  • den autoritären (autoritativen, direktiven) Leitungsstil
  • den Laissez-faire (laufen lassen, antiautoritären) Leitungsstil
  • den demokratischen (partnerschaftlichen, kooperativen) Leitungsstil.

Natürlich werden diese Leitungsstile in ihrer Reinform nicht vorkommen. Es ist trotzdem sinnvoll, sie zu kennen und sich und das Leitungsteam auf den eigenen Leitungsstil hin im Blick zu behalten. Jede Leiterin und jeder Leiter nimmt Einfluss auf die Gruppe und das einzelne Gruppenmitglied, gerade auch in der Art und Weise, wie Leitung wahrgenommen wird. Dieser Einfluss hat bestimmte Auswirkungen, über die sich Leiterinnen und Leiter klar sein müssen.

Je nach Situation können unterschiedliche Gewichtungen der Leitungsstile angebracht sein.

Der autoritäre (autoritativen, direktiven) Leitungsstil

Anordnung, Anweisung und Befehl sind die Mittel dieses Leitungsstils. Die Leitenden üben strikte Kontrolle aus. Sie setzen Ziele und überwachen die Durchführung. Von den Mitgliedern wird Gehorsam, blinde Nachfolge und Ausführung des Angeordneten erwartet. Die Gruppe selbst und ihre Entwicklung spielt eine untergeordnete Rolle, es geht eher um die Sache. Auch die Leitung ist weniger auf die einzelnen Mitglieder und das Beziehungsgeschehen in der Gruppe bezogen. Die Gruppenaufgabe ist wichtig. Entscheidungen werden in der Regel durch das Leitungsteam gefällt.

Das Leistungsergebnis, also das, was die Gruppe nach außen hin „schafft“ ist zunächst positiv. Durch die zunehmende Abhängigkeit der Gruppenmitglieder von ihren Leitenden lassen die tatsächlichen Leistungen jedoch bald nach. Eine solche Gruppe ist sehr stark vom Leitungsteam abhängig und daher besteht die Gefahr, dass die Gruppe schneller auseinanderbricht. Der Druck, der durch die Leitung ausgeübt wird, wird in der Regel von der Gruppe meist auf schwächere Mitglieder sowie Außenseiterinnen und Außenseiter abgewälzt. Es kommt oft zu Unterdrückung und Aggressionen. Alle Beziehungen gehen in der Regel in Richtung Leitende bzw. gegen sie. Eigeninitiativen und schöpferische Entfaltung der einzelnen Mitglieder werden gebremst und schließlich verhindert. In einer solchen Gruppe ist echte Entwicklung nur schwer möglich, da Eigenverantwortung und selbständiges Denken nicht gefördert werden.

Der Laissez-faire (laufen lassen, antiautoritären) Leitungsstil

Im Gegensatz zum autoritären Leitungsstil wird bei Laissez-faire die Leitungsfunktion auf ein Minimum zurückgenommen. Die Leitenden lassen die Gruppe laufen und bieten keine Orientierung, keinen Rahmen, keine Reibungsfläche und keine inhaltlichen bzw. methodischen Impulse. Das Leitungsteam verhält sich passiv und nachgiebig. Es beobachtet lediglich aus einer distanzierten Haltung und nimmt seine Aufsichtspflicht wahr. Gerade dieser Leitungsstil wird häufig mit partnerschaftlicher Leitung verwechselt. Viele Leiterinnen und Leiter denken, dass eine Gruppe in jedem Fall ihre eigenen Kräfte entfaltet, wenn man ihr nur genügend Freiraum lässt, und ziehen sich völlig zurück. Das überfordert die Gruppenmitglieder oft.

Rückzug, Beobachtungsrolle und fehlende Anregung führen meist zunächst zu Ratlosigkeit und Unsicherheit. Da Kinder und Jugendliche erzieherisch notwendige Grenzen und Anregungen für ihre Entwicklung brauchen, sind Orientierungslosigkeit, Langeweile und Angst häufige Reaktionen auf diesen Leitungsstil. Sie fühlen sich der Situation nicht gewachsen und können nicht damit umgehen. Ihnen fehlt die Orientierung, die sie – zumindest in einer neuen Gruppe – auch nicht bei den anderen Gruppenmitgliedern finden. Langeweile, Wut und Hilflosigkeit führen nicht selten zu ähnlichen Auswirkungen wie sie beim autoritären Leitungsstil auftreten können. Aggression und Druck richten sich gegen Minderheiten oder gegen die Leitung. Die Gruppe entwickelt sich nicht, sondern tritt auf der Stelle.

Der demokratische (partnerschaftlichen, kooperativen) Leitungsstil

Unterstützung, gemeinsame Entwicklung von Lösungen, Zusammenarbeit, Toleranz, Transparenz und Vertrauen prägen diesen Leitungsstil.

Die Leitenden sind nicht Mitglieder der Gruppe und verhalten sich in der Gruppe so aktiv wie nötig und so passiv wie möglich. Soweit das aus der Gruppe heraus noch nicht geleistet wird, bringen sie alternative Vorschläge zur Lösung von Problemen, Konflikten und Aufgaben ein, ermutigen schwächere Mitglieder, bieten Profilierungs- und Erlebnisfelder an, stützen die Initiativen von aktiven Mitgliedern und motivieren die Gruppe, Dinge selbst in die Hand zu nehmen. Ziel ist die zunehmende Selbstbestimmung der Kinder und Jugendlichen, ihre Entwicklung steht im Vordergrund. Die Gruppenmitglieder werden zu Kritikfähigkeit, Eigeninitiative und Selbständigkeit erzogen. Das Leitungsteam orientiert sich an der Gruppe und entscheidet je nach Situation und Prozess über das Maß seiner Einflussnahme.

Auch wenn die Sache hier durchaus noch eine Bedeutung hat, steht doch die Entwicklung der Gruppe im Vordergrund.

In demokratisch-partnerschaftlich geleiteten Gruppen ist das Leistungsergebnis zunächst nicht sonderlich beeindruckend. Die Gruppe hat Schwierigkeiten ihre Aufgaben zu bewältigen. Deutlich wird, dass zur Erlangung der Ziele Zeit und Geduld erforderlich sind. Die Gruppe muss sich erst entwickeln, partnerschaftliches Verhalten muss eingeübt werden. Die spontane Aktivität und die Bereitschaft zur Zusammenarbeit wachsen und bleiben später auch dann bestehen, wenn die Leitungskräfte nicht anwesend sind. Dieser Leitungsstil bewirkt eine offene und weitgehend von Überforderung und Hektik freie Atmosphäre. Partnerschaftlich geleitete Gruppen sind in ihrem Bestand sehr stabil. Es kann einige Zeit dauern, bis die Gruppe aus eigener Kraft gemeinsame Projekte entwickeln kann, wenn sie demokratisch-partnerschaftlich geführt werden und vielleicht benötigt eine Gruppe, insbesondere wenn sie neu zusammengesetzt ist, auch zwischenzeitlich deutliche Anleitung der Leitungskräfte, die nach autoritärem Leitungsstil aussieht.

Der entscheidende Unterschied hierbei ist jedoch, dass die Gruppe und nicht die Leitungskräfte im Vordergrund stehen. Die starke Führung durch das Leitungsteam als Unterstützung dient, um Strukturen und Erfolgserlebnisse zu vermitteln. Und nicht, um sie zu mehr Leistung anzutreiben oder das Leitungsteam gut aussehen zu lassen.


Autor

Dieser Artikel wurde von Carsten Wagner erstellt und vom Bundesarbeitskreis der Roverstufe überarbeitet

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